Zack – und schon ist der Strom weg. Und es liegt in der Natur der Sache, dass ein Blackout meist aus heiterem Himmel kommt. Am 11. Januar 2022 ereilte es das gesamte Land. Ein Strommast einer zentralen Leitung (Kiambere-Embakasi, ein Stadtteil von Nairobi) war umgestürzt und hat ganz Kenia stromtechnisch lahmgelegt, Nairobi vom späten Vormittag an bis zum frühen Abend. Gegen 18 Uhr ging das Licht wieder an – um eine halbe Stunde später erneut auszugehen, und zwar aus einem anderen Grund, so als habe man zwei katastrophale Autounfälle an ein- und demselben Tag. Dieses Mal hatte es eine andere Stromleitung erwischt, die Nairobi und angrenzende Regionen versorgt. Kurz nach 22.30 flackerte Hoffnung auf, für genau drei Minuten. Eine halbe Stunde später lief es aber dann – bis zum frühen Morgen. Der dritte große Blackout binnen 20 Stunden. Ab dem späten Vormittag war dann alles wieder stabil, falls man dieses Adjektiv in diesem Zusammenhang überhaupt nutzen sollte.

Zwar sind Stromausfälle, zumindest in Nairobi, wesentlich seltener als noch vor einigen Jahren. Da wurde standardmäßig und nach Plan jeweils einem Stadtteil für mehrere Stunden der Saft abgedreht. Doch in regelmäßiger Unregelmäßigkeit – man könnte auch sagen: „Überraschung!“ – ereilen sie einen immer noch. Zum Glück oft nur für ein, zwei Viertelstunden, manchmal aber länger. Wer in dieser Zeit auf Gerätschaften angewiesen ist, die Elektrizität benötigen, sieht dann alt aus.

Wohl dem, der vorgesorgt hat. Moderne Kommunikationsgeräte haben glücklicherweise Akkus, die idealerweise stets aufgeladen sein sollten. Wenn nicht, hilft eine Powerbank oder gleich eine ganze Batterie davon – die aber auch wirklich Power haben sollte. Ich passe daher immer auf, dass alles vollgeladen ist und habe so auch die drei Mega-Blackouts gut überstanden; zumal mit zwei Lampen, die ich an Powerbanken anschließen kann.

Dein bester Freund beim Stromausfall: eine Batterie Powerbanken.

Mit klassischen Haushaltsgeräten geht das natürlich nicht: Kühlschrank, Waschmaschine und Fernseher müssen solange ruhen. Verschmerzbar, doch sollte es länger dauern, wird es zumindest für den Kühlschrankinhalt brenzlig. Wir befinden uns schließlich in Afrika. Ein Tag ohne Strom und man kann so manches Eingefrostete in den Müll werfen. Hochrechnen auf ganz Kenia – und anderswo im Land fällt der Strom häufiger und dauerhafter aus – möchte man das lieber nicht. Da kommen schon einige Kuhherden zusammen, die jeden Tag nur aufgrund der chronischen Stromausfälle geschlachtet werden müssen, ganz zu schweigen von dem großen, landesweiten Blackout, bei dem zum Glück zwischendurch die Kühlschränke für sechs Stunden wieder laufen konnten.. Viele Hausbesitzer haben sich daher einen Dieselgenerator angeschafft. Bei Mietshäusern wird diese Investition aber oft gescheut. Bei uns in den Astoria Apartment gibt es nur einen für das nötigste außerhalb der Wohnungen: die Treppenhausbeleuchtung, den Fahrstuhl, das Büro der Hausverwaltung und das Fitnessstudio. Bei längeren Ausfällen finden sich dann auch im Fitnessstudio jene Bewohner ein, die vergessen haben, ihre Handys und Powerbanken aufzuladen. Solange der Dieselvorrat reicht.

Nun würde sich die Nutzung von Solarenergie in einem so sonnenverwöhnten Land wie Kenia lohnen. Doch ist die Technologie, anders als im sonnenärmeren Deutschland, noch nicht so verbreitet. Die Tendenz ist allerdings steigend und eine Investition hier amortisiert sich rasch.

Stromausfälle sind in machen Regionen Alltag

Ankündigung von Kenya Power über geplante Abschaltungen. Vor allem ländliche Gebiete sind betroffen – und der Strom kann auch mal zehn Stunden wegbleiben.

Vom Stromausfall ist dann natürlich auch das heimische Internet betroffen. Ich habe daher immer ein mobiles Wifi zur Hand – das zweifach aufgeladen ist, also strommäßig und bezüglich Datenvolumen. Der Herd läuft zum Glück mit Gas. Nur der elektrischer Zünder bleibt aus, weshalb man wiederum ausreichend Streichhölzer zuhause haben sollte, Kerzen sowieso. Mit dem Gasherd gibt es übrigens ein ähnliches Thema. Denn der wird nicht über ein Netz, sondern eine Flasche versorgt – und bei der weiß man ebenfalls nie, wann sie alle ist. Logischerweise passiert das ausschließlich beim Kochen, weshalb man wiederum über eine Ersatzflasche verfügen sollte.

Wenig überraschend: Der Strombetreiber, Monopolist Kenya Power, hat einen schlechten Ruf. Vor allem auf dem Land, wo der Strom auch mal zehn Stunden abgeschaltet wird. Zumal auch diese Institution, wie fast alles in Kenia, korruptionsanfällig ist. Techniker des Unternehmens kommen schon einmal vorbei und bieten einem an, gewissermaßen auf dem kurzen Dienstweg eine Leitung zu verlegen – bei direkter Bezahlung an sie. Offenbar haben sie zwischen den Havarien viel Tagesfreizeit. Erlebt habe ich es bei einer befreundeten Lokalbetreiberin, wie pünktlich zu Silvester und bei vollen Lagern und Kühlschränken, ebenso eine Elektrikerbrigade vorgefahren ist. Zuerst stellten sie den Strom ab und gaben ihn nur gegen eine Art Lösegeld wieder frei, damit die Party steigen kann.

Strom bezahlen mit dem Telefon

Wie aber bekommt man auf legalem Weg den Strom zum Laufen? Anders als in Deutschland funktioniert das System in Kenia und anderen afrikanischen Ländern im Wesentlichen auf Guthabenbasis (Prepaid). Postpaid, also nach Verbrauch, gibt es zwar auch. Aber diese Methode ist kaum verbreitet.

Kernstück des privaten Strommanagements: Ein Gerät zum Aufladen der Token und Überwachen des Verbrauchs. Bei einem Guthaben von nur 12,75 Kilowattstunden wird es bald Zeit, Geld nachzuschießen.

Also muss mann vorher Geld an den Stromversorger schicken, natürlich per M-Pesa: 888880 eingeben, die Kennung des Standortes und den Geldbetrag, den man berappen möchte: Für beispielsweise 5.000 KES erhalt man dann 192,83 Einheiten/ Token, die jeweils Kilowattstunden entsprechen – und einen Code per SMS. Den wiederum gibt man in ein kleines Gerät ein, das an den privaten Stromkreislauf (Wohnung(Haus) angeschlossen ist, selbst aber mit Batterien läuft. Damit werden die 193 Kilowattstunden aktiviert – was jedoch nicht immer auf Anhieb klappt. Manchmal braucht man mehrere Versuche.

Im Grunde wäre das ein schönes Beispiel für Digitalisierung. Leider aber mit einem überflüssigen Schritt. Der Strom könnte nämlich gleich mit dem Bezahlvorgang freigeschaltet werden. Stattdessen muss man dies selbst vornehmen, da das Haussystem mit dem kleinen Gerät und das große System von Kenya Power mit der Kasse nicht miteinander verbunden sind.

Ein Guthabensystem bedeutet auch, dass der Strom sofort und unbarmherzig ausgeht, wenn die Einheiten verbraucht sind. Man erhält dafür keine Vorwarnung und man muss gegebenenfalls im Dunkeln das ganze Aufladeprozedere starten. Gerade wenn das Guthaben null beträgt und das Licht aus ist, funktioniert die Technik aber nicht – da schließlich der Strom fällt, um es zu betreiben oder die Batterien, die für den stromlosen Fall da sind, alle sind. In dem Fall muss man es noch öfter versuchen oder – ernsthaft! – zum Nachbarn gehen, um den Code von dort aus zu aktivieren. Man darf sich aber wiederum nicht zu weit von seiner Wohnung entfernen. Ich selbst habe dies bereits so praktiziert. Und eine Nachbarin aus unserem Apartment-Komplex in Nairobi hat auch schon bei uns geklingelt. So lernt man sich kennen und es eröffnen sich da ganz neue Datinggelegenheiten. Eine andere habe ich im Treppenhaus neben dem Fahrstuhl gesehen, wo sie ihren Stromfluss wiederhergestellt hat.

Jedenfalls sollte man sich ständig vergewissern, wie viel man auf dem Zähler hat. Sonst ist es zappenduster – und das fast immer in den unpassendsten Momenten: abends beim Kochen oder wenn man von einer anstrengenden Reise zurückgekehrt ist. Es hindert einen natürlich niemand daran, stets ordentlich Guthaben aufzuladen, das man ja mittelfristig ohnehin verbraucht. Doch wie das so ist …

Kreative Gebühren: Von 2.000 Schilling bleiben gerade einmal gut 1.219 für den Strom übrig.

Interessant ist auch die Preisgestaltung von Kenya Power, die der deutschen Abgabe- und Gebührenkreativität in nichts nachsteht: Von 2.000 KES bleiben gerade einmal 1.219 KES für die reine Stromlieferung übrig. Der Rest sind zwar keine EEG-Umlagen oder CO2-Steuern wie in Deutschland (das wäre mal eine Anregung). Dafür aber Mehrwertsteuer, Fuel Energy Charge, einige anderen Gebühren mit Abkürzungen, die auch frei erfunden sein könnten, einen Aufschlag für Devisenumtausch (Forex) und sogar einen zur „Inflationsanpassung“. Alles in allem sieben Posten, die nichts mit dem Strom zu tun haben. Deutschlands Politiker, Regulierer und  Technokraten, die künstlich Preise erhöhen und so Bürgern und Wirtschaft das Leben schwer machen, hätten ihre helle Freude an diesem Erfindungsreichtum.

Trotzdem sind die Preise mit 20,6 Cent pro Kilowattstunde noch günstiger als in Deutschland, wo die Tarife Weltspitze sind. Und einen weiteren Vorteil haben meine kenianischen Erfahrungen auch: Ich bin auf künftige Blackouts im Zuge der grünen Energiewende in Deutschland bestens vorbereitet.

Hier findest Du alle meine Beiträge über Nairobi und meine Zeit in Kenia.

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