Leute, die über ihre Kilimandscharo-Erklimmung schreiben, gibt es ja fast soviele wie jene, die ihn besteigen. Und obwohl die meisten Werke eine große Schnittmenge haben, ist dieses Genre vielfältig. Das Buch „Kilimandscharo-Tagebuch: Chlorwasser, kein WC, eiskalte Nächte – kurzum, ein Traumurlaub!“ lebt vom erfrischenden Temperament der Autorin. Eva Melusine Thieme gibt einen intimen Einblick in ihr Familienleben, die Entstehung des Großprojekts und alle Strapazen und Glücksmomente des Aufstiegs. Neben den nötigen praktischen Infos sind die tagebuchartigen, minutiös beschrieben Erlebnisse der rote Faden.

Jede Kili-Eroberung ist eine Geschichte für sich, und diese beginnt ja meist schon Monate, wenn nicht Jahre vorher. Das alles ist wunderbar dargestellt: Praktische Inhalte, private Episoden, Witzeleien, historische Hintergründe und Ernsthaftes halten sich wunderbar die Waage.

Kaiser-Wilhelm-Spitze

Auch die deutsche Vergangenheit unseres einst höchsten Berges (der damaligen Kaiser-Wilhelm-Spitze) kommt nicht zu kurz – und dies zum Glück ganz und gar nicht in der üblichen moralinsauren „Schuldnummer“. Auch dieses Kapitel hat Thieme elegant gemeistert!

Kleine Dinge haben mich gestört, aber dafür gibt es keinen Punktabzug: Dass das Thema „Toiletten“ so wichtig ist, war mir tatsächlich nicht bewusst. Aber irgendwie logisch. Auch dieser Aspekt wird also eingehend und detailreich beschrieben – für meine Begriffe war es aber irgendwann genug. Dann hatte ich es begriffen und kannte die tagesaktuellen Verdauungsvorgänge aller Gruppenmitglieder. Ebenfalls eine Petitesse: Das Buch ist so akkurat geschrieben, da hätte sich die Autorin auch noch die Kisuaheli-Wörter korrekt aufschreiben lassen können. So wirkt die phonetische Darstellung wie ein kindergartenartgier Bruch in der sonst so akkribischen Darstellung.

Fazit: Das Kilimandscharo-Tagebuch ist sehr zu empfehlen, vor allem für jene, die den Aufstieg lieber vom heimischen, gut klimatiserten Sofa aus durchleben.