Einmal längs durch Deutschland laufen, von Nord nach Süd – und dann noch ein Buch drüber schreiben. Hat es so etwas nicht schon dutzendfach in allen Schattierungen gegeben? Zumindest nicht so!

Autor Henning Sußebach – im Hauptberuf Redakteur der ZEIT – hat ein großes Meisterwerk fertiggebracht! Er hat eine strapaziöse Wanderung fernab der „deutschen Zivilisation“ auf sich genommen; dabei die Leute getroffen und Orte besucht, die sonst nicht im Fokus der Medien stehen und unsere deutsche Heimat mit wunderbaren Worten beschrieben.

Vor allem aber, und das ist das Hauptverdienst, stellt Sußebach seine Vorurteile über die Leute aus dem Hinterland auf den Prüfstand (und das sind alle, die nicht in den Millionenstädten und Medienhochburgen wie Hamburg, Berlin, München oder Köln wohnen) und überdenkt seine Einstellung zu den kleinen Leuten jenseits seines Medien-Milieus und Freundeskreises. Damit ist das Buch gleichzeitig eine große Abrechnung mit der medialen Klasse, die die Medienthemen einzig nach ihren Vorlieben und ihrer Wahrnehmung auswählt – und anderes eben unter den Tisch fallen lässt. Man nimmt Sußebach die Überraschung über seine völlig neue Gedankenwelt ab und ist live dabei, wie er seine Meinungen revidiert – ein Effekt, den er bei aller Unwägbarkeit solch einer wochenlangen Unternehmung offenbar nicht auf der Rechnung hatte, als er aus seiner beschaulichen Medienblase Hamburg zum Ausgangspunkt auf den Darß gereist war.

Gäbe es diese seine Haupterkenntnis nicht, wäre das Buch allerdings recht dünn geworden. Ohnehin ist der Umfang recht klein, zudem sind die Sprünge zwischen den Etappen recht groß, so dass die Balance nicht so ganz stimmt. Das aber schmälert das Lesevergnügen nur wenig. Herrlich sind die poetischen Beschreibungen der Natur, seines Körperzustandes, der von ihm sympathisch porträtierten Protagonisten und die Feststellung, Zeitungen müssten nicht nur Hauptstadt- sondern auch Hinterlandreporter haben, um Volkes Stimme und vor allem dessen Themen auf die Agenda zu hieven.

Mal sehen, was von diesem Vorsatz, für den leider nur der Autor selbst geradestehen muss, übrig bleibt. Denn etwas relativierend und distanzierend hört sich das Buch bereits am Ende an. Sußebach, oder sein Verlag, hatte wohl Angst, Beifall von der falschen Seite zu erhalten. Trotzdem: große Leseempfehlung für „Deutschland ab vom Wege„!