Schmidt, Konrad: „Pässe, Pipelines, Pyramiden“
Ich liebe diese alten Reiseberichte von DDR-Journalisten über die große weite Welt. Zunächst, sie wirken recht skurril, bedenkt man, dass die DDR ihren Bürgern Reisen ins nichtsozialistische Ausland verwehrte. Zweitens, blickt der Autor natürlich immer durch die sozialistische Brille, in diesem Fall hier jedoch in einem erträglichen Maße. Witzig ist auch das gegenüber westdeutschen Reisebekanntschaften unverhohlen ausgedrückte Gefühl, auf der richtigen Seite des antifaschistischen Schusswalls zu leben. Das Buch ist damit für mich eher eine prächtige Zeitreise in den DDR-Reisejournalismus der ausgehenden 60er Jahre, als eine Tour durch die Maghreb-Staaten.
Dennoch: Der Trip, mit dem Barkas, ist eine erstklassige Bildungstour. Und das, worüber der Autor vor allem schrieb – nämlich die politische, wirtschaftliche und soziale Situation -, lässt den Leser ratlos zurück. Die meisten Träume in den damals erst ein knappes Jahrzehnt unabhängigen Staaten haben sich leider nicht erfüllt – wie man heute weiß. Die Gründe sind verschieden, dennoch ist es erschreckend zu sehen, wie diese Länder in einem knappen halben Jahrhundert förmlich nicht vom Fleck gekommen sind – nicht zuletzt ein Auslöser für die Rebellion von Tunesien bis Ägypten vor gut 5 Jahren.
Nicht stagniert, sondern Richtung Mittelalter bewegt hat sich seitdem die Lage der Frauen in den Großstädten – ein Aspekt, der einen breiten Raum in dem Buch einnimmt: So offen, wie sich viele junge Damen damals von Marokko bis Ägypten gegeben haben (im Zentrum Kairos sah der Autor keine einzige verschleierte Frau!), können sie dies vielerorts heute nicht mehr tun. So sehr man den subtilen sozialistischen Duktus, des ansonsten stilistisch hervorragend geschriebenen Textes, gerne überlesen möchte, so gelungen ist der islamkritische Blick. Auch auf dem Gebiet habe sich leider viele in dem Buch getroffenen Prophezeiungen und Hoffnungen nicht nur nicht erfüllt – sondern sind eben den umgekehrten Weg gegangen.
Wer den Maghreb der 60er aus der Sicht einer kleinen DDR-Journalistenexpedition kennenlernen möchte – um dies vielleicht auch mit dem Heute abzugleichen -, dem kann ich „Pässe, Pipelines, Pyramiden“ wärmstens empfehlen.
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