„Die besten Shakes von Lamu!“ So steht es groß auf dem Schild vorm Lokal Hapa Hapa an Lamus Seafront. Gut, fast jedes Restaurant möchte das Beste sein, aber die Werbung richtet zumindest den Blick auf eine Spezialität Lamus: Frische Säfte und Milchshakes. Mangosaft, Bananen-Shake oder eben Banane-Mango zusammen mit einem Schuss Papaya – ich ernähre mich förmlich davon. Meine morgendliche Bestellung im Hapa Hapa löst das aus, was man allgemein hin als lauen Witz ins Feld führt, wenn es im Lokal mal länger dauert: Ich bin der erste Kunde, und das Personal läuft zum Markt, um sich mit den nötigen Früchten einzudecken. Shakes gibt’s aber erst ab acht Uhr, denn vorher hat der Laden, von dem sie die Milch beziehen, noch nicht geöffnet. Tatsächlich bereiten sie alles frisch zu, sodass ich bis zu 30 Minuten warten muss. Doch das, was sie dann in der offenen Küchenecke mixen und ins Glas schütten, lohnt die Geduld: Belebend, kühl, fruchtig und sättigend. Mein Favorit: Banane-Papaya-Shake mit einem Tick Avocado. Aktuell ist leider keine Mangosaison, sonst gäbe es auf Lamu davon allein 14 verschiedene Sorten, wie Hamara, Zafarani, Dodo, Shiko punda oder Batawi. Doch nicht nur das Hapa Hapa kann mit erquickenden Getränken wuchern, quer durch die Stadt ziehen sich die Saftläden, nahezu jedes Lokal bietet Passionsfrucht, Papaya oder Melone in Flüssigform an: Im Labanda, am anderen Ende der Waterfront, ist so viel Betrieb, dass die Getränke gleich aus vorbereiteten Kanistern in die Gläser geschüttet werden. Spezialität dort: Tamarinde. Das Getränk sieht nicht nur aus wie Cola, es schmeckt auch genauso süß – denn da Tamarindensaft bitter ist, wird ordentlich Zucker hineingeschüttet.

Alle Klassiker auf einem Tisch: Fleisch, Kartoffeln, Maharagwe (Bohnen), Pilau, Kachumbari (Salat) und Chapati (im Uhrzeigersinn)
Alle Klassiker auf einem Tisch: Fleisch, Kartoffeln, Maharagwe (Bohnen), Pilau, Kachumbari (Salat) und Chapati (im Uhrzeigersinn)

Beim Bäcker: Süßes ohne Ende

Nur ein paar Häuser weiter vom Hapa Hapa hat der Bäckereistand Allawe aufgemacht. Von halb sechs Uhr morgens bis zum späten Nachmittag ist der für Kleinhändler typische Glaskasten, in dem das Angebot liegt, voll mit Süßigkeiten, ab Mittag dann auch mit herzhafterem Gebäck. Um formvollendet bestellen zu können, hilft allerdings kein Wörterbuch, mit Englisch komme ich auch nicht weiter (eher mit Hindi, doch dazu später), es hilft nur zielgerichtetes Fingerzeigen. Alles, was dort im Kasten in der Morgensonne schmort, dürfte ein schlechtes Gewissen verursachen: Vitu vya ngano: Teigröllchen mit ordentlich Zucker; Kitumbua, muffinförmige, leicht gezuckerte Presslinge mit einer ölig-leckeren Kruste, die die gesamte Unterseite einnimmt. Offenbar wurde nur sie gebrutzelt, die obere Hälfte und auch der Teig innendrin sind lockerer. Mkate wa nazi: frittierte Kokosnussplättchen in klein und groß. Sie schmecken wie kleine Steaks, was vielleicht auch am Öl liegt, in dem alles gleichermaßen zubereitet wird, egal ob süß oder pikant. Die ebenfalls frittierten Bajia za dengu erinnern an kleine Partybouletten, bestehen aber tatsächlich aus fein geriebenem Linsenmehl mit Kartoffel und ein wenig Gemüse. Vegetarier könnten bei einigen Produkten also einen ordentlichen Schrecken bekommen – oder als Tofu-Ersatz gerne hineinbeißen.

alex-tannen-kenia-lamu-37-kopie

Um Mittag dann, wenn die süßen Dinge im Glaskasten zur Neige gegangen sind, wird das Angebot ohnehin deftiger. Dann gibt es vor allem kleine Snacks, wie die bekannten Samosa/Sambusa – dreieckige Teigtaschen mit Gemüse- oder Hackfleischfüllung. Sie werden nicht gewürzt, schon gar nicht mit dem sonst oft verwendetem Chili (pilipili), und schmecken am besten, wenn man etwas Zitrone, besser gesagt Limone (ndimu) darüber träufelt. Überhaupt ist Limone die Geheimwaffe bei vielen Gerichten. Katlesi, eine Art geriebener Kartoffel mit ein wenig Hackfleischfüllung, ist etwas kleiner als ein Eishockeypuck, und sehr nährreich: zwei davon und ich bin satt. Das Weiteressen fällt mir nun schwer, denn ich hatte mir noch Viazi, frittierte und gewürzte Kartoffelecken, und zwei Kebab, fingergroße Hackfleischsticks mit viel Knoblauch, einpacken lassen.

alex-tannen-kenia-lamu-38-kopie

Wer ein richtiges Tellergericht möchte, geht in eines der zahlreichen kleinen einheimischen „Mittagslokale“: oft ein, zwei einfache Räume in einem privaten Wohnhaus, in der Main-Street von Lamu, die parallel zur Seafront verläuft. Dort sind ausschließlich einfache Speisen im Angebot: Chapati (dünne Teigfladen), Maharagwe (Kidneybohnen) mit einer ordentlich gefüllten Schale gekochtem Fleisch oder Maini (Leber), dazu ein Glas Tamarindensaft. Alles zusammen kostet 160 Schilling (knapp 1,50 Euro).

Klassiker der Swahili-Küche

Abends, nicht vor 17 Uhr, werden in der Main-Street dann die Holzkohlegrills angeworfen: Es gibt Mshikaki (Fleischspieße), aber auch Leber am Spieß und Kebab. Viele Namen klingen indisch/hindi, etwa Samosa, und haben auf dem Subkontinent ihre kulinarischen Verwandten oder eben Ursprünge. Und auch die Speisekarten in den Restaurants bedienen sich ordentlich im Indischen Ozean – je nach dem, was die Fischer mitgebracht haben: Red und White Snapper, Lobster, Garnelen oder Tintenfisch.

alex-tannen-kenia-lamu-1-1-kopie

Daneben gibt es den Küsten-Klassiker Pilau (Reis mit voller Ladung Knoblauch, vermengt mit Fleisch und dem speziellen Gewürz Pilau Masaala), und natürlich ist auch die Küche des Kenianischen Festlands vertreten, vor allem mit den Dauerbrennern Kuku (Huhn) in allen Zubereitungsarten, Kachumbari, frischer Salat, der vor allem aus Tomaten und Zwiebeln besteht, und natürlich Ugali, Brei aus Maismehl und die Nationalspeise überhaupt. Ich selbst würde ihn gerne salzen, aber das ist verpönt. Mit Vorliebe essen die Einheimischen auch skuma wiki, Grünkohl, wie wir ihn kennen – doch niemand glaubt in Kenia, dass es das auch in Deutschland gibt. Umgekehrt wahrscheinlich auch nicht.